Deutsch-Chinesische Wirtschaftskooperation: Partner, Wettbewerber oder Systemrivale?
Der dritte Tag der China Woche widmete sich den deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen, deren Chancen und Herausforderungen im CUTEC-Hörsaal aus verschiedenen Perspektiven diskutiert wurden. Die Veranstaltung wurde von Prof. Dr. Roland Menges des Instituts für Wirtschaftswissenschaften moderiert. In seiner Begrüßung referierte er zunächst ein paar statistische „Schlaglichter“ über den Wandel der deutschen Haltung gegenüber China und veranschaulichte an verschiedenen Beispielen, dass „die Wahrnehmung von Deutschen und Chinesen sehr unterschiedlich ist“. Die Aussage von Donald Coase aus dem Jahr 2012 „China wird nie mehr sein als die Werkbank der Welt“ müsste demnach korrigiert werden, denn heute könne man in vielen Bereichen, wie der E-Mobilität oder nachhaltiger Energiesysteme vom Knowhow Chinas profitieren.
Ein erster Vortrag mit dem Thema „Wettbewerb und Kooperationspotentiale mit China im Globalen Süden“ wurde von der Sinologin, Dr. Marina Rudyak von der Universität Heidelberg gehalten. Sie erläuterte anhand von Beispielen aus Afrika, dass Entwicklungsländer oft konkrete Unterstützung anstelle leerer Versprechen bevorzugen. Für China sei Afrika deshalb zum „Kontinent der unbegrenzten Möglichkeiten“ geworden. Rudyak schlug vor, dass Deutschland und China in Entwicklungsländern durch dreiseitige Kooperationen nachhaltige Wirtschaftswachstumsziele fördern könnten, wobei sie auch betont, dass Deutschland seine „Hausaufgaben machen muss“.
Prof. YU Xiaohua von der Universität Göttingen referierte über „Global Supply Chain Restructuring in the Time of Derisking“, was er u.a. an der Produktion des iPhones veranschaulichte. Er analysierte den Einfluss von Geopolitik, Klimawandel und Pandemie auf die globale Wirtschaft und stellte Strategien wie „China+1“ und „Nearshoring“ vor. Yu erläuterte, wie westliche Länder versuchen, durch Beschränkungen Chinas Einfluss in High-Tech-Bereichen wie Halbleitern zu minimieren, und wie China mit der Politik der „doppelten Zirkulation“ auf diese Herausforderungen reagiert.
Prof. Dr. Rolf Langhammer, ehemaliger Direktor des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, diskutierte die Notwendigkeit einer deutschen Wirtschaftspolitik gegenüber China. Er kritisierte die „De-Risking“-Strategie der Bundesregierung als unzureichend und empfahl eine diversifizierte Ressourcenpolitik. Zudem sollte eine Strategie einen Rahmen vorgeben und keine Regelungen enthalten. Langhammer betonte, dass eine solche Strategie Marktwirtschaftsprinzipien beachten sollte und deutsche Unternehmen eigenständig agieren sollten.
Prof. Menges bedankte sich im Anschluss für das „Feuerwerk, das Sie abgefeuert haben“ und leitete zu dem eher persönlichen Erfahrungsbericht von Guosheng Liu, Gründer der China Travel Agency in Hamburg über. Dieser teilte seine Erfahrungen aus 40 Jahren interkultureller Zusammenarbeit und präsentierte Erfolgsgeschichten deutsch-chinesischer Unternehmenskooperationen. Er hob die Bedeutung kulturellen Verständnisses und kreativer Ansätze in internationalen Partnerschaften hervor. Durch die Gründung einer Jiaozi-Fabrik in Goslar habe er schließlich „ein Stück China nach Deutschland geholt“.
Die abschließende Podiumsdiskussion, moderiert von Prof. Menges, widmete sich der Frage „Partner, Konkurrenten oder systemische Rivalen?“ Die Diskussion beleuchtete Themen wie technologische Konkurrenz, Marktstrategien und die Rolle der beiden Länder in globalen Lieferketten. Dabei wurde auch die oftmals unzureichende China-Kompetenz in Deutschland bemängelt, denn eigentlich „kennen wir [die China-Expert:innen] uns alle“, so Rudyak. Hier ließe sich laut Christian Claussen bereits in der Schule ansetzen, denn „Schüler sind offener als Lehrer“. Die unterschiedlichen Perspektiven der Teilnehmenden lieferten dabei wertvolle Einblicke für politische und geschäftliche Entscheidungen.